Der hippokratische Eid - neu formuliert
Der griechische Arzt Hippokrates von der Insel Kos (ca. 460-370 v.Chr.) untersuchte als erster auf wissenschaftlicher Basis das Wesen von Krankheiten. Hippokrates gilt daher als Begründer der abendländischen Medizin. Ihm wird ein Gelöbnis für Ärzte zugeschrieben, das seither nicht an Bedeutung verloren hat. Seit 1948 („Genfer Gelöbnis“) wurde der Eid mehrfach überarbeitet, um ihn den modernen Gegebenheiten anzupassen. Die letzte korrigierte Fassung stammt vom Herbst 2017. Was hat sich geändert?
Von Univ.Doz. Dr. Johann Beck-Mannagetta
Der „hippokratische Eid“ verpflichtete die Ärzte – unter Anrufung der Heilsgötter –, ihren Patienten zu helfen, ohne Ansehen der Person und frei von moralischen Wertvorstellungen. Ein Eidbruch sollte von den Göttern bestraft werden. Das überlieferte Dokument dürfte aber nicht ausschließlich auf Hippokrates zurückgehen, sondern zahlreiche Änderungen im Laufe der Jahrhunderte erlebt haben.
Allerdings wurde dieser Schwur nur selten tatsächlich von den Medizinern verlangt; meist wurden ähnliche Texte anlässlich der Promotion gelobt. Seit 1948 („Genfer Gelöbnis“) wurde der Eid mehrfach überarbeitet, um ihn den modernen Gegebenheiten anzupassen, zuletzt im Oktober 2017 durch den Weltärztebund in Chicago (www.wma.net).
Achtung vor ärztlicher Kunst
In dem nun vorliegenden Dokument verpflichtet sich der Arzt in zwölf Artikeln, den speziellen Erwartungen an seinen Beruf gerecht zu werden. Im Gegensatz zum ursprünglichen Text klingt das Gelöbnis eher allgemein und weniger konkret. Dem antiken Wortlaut haftet mehr Erhabenes und Exklusives an, z. B. dass das medizinische Wissen nur unter Ärzten bleiben soll und nicht an Laien weiter gegeben werden darf. Wenn auch das neue Dokument den heutigen Bedingungen der ärztlichen Berufsausübung besser entspricht, so stimmt die Kernaussage weitgehend mit dem Sinn des überlieferten griechischen Textes überein.
Die meisten Inhalte sind gleichgeblieben: Die gewissenhafte Ausübung des Berufs; Respekt und Dankbarkeit gegenüber Lehrern, Kollegen und Studenten; der Dienst am Menschen und der Schutz des menschlichen Lebens ohne Ansehen der Person; die Bewahrung des Patienten vor Schaden und Unrecht; die absolute Verschwiegenheit über die persönlichen Verhältnisse des Patienten; die Achtung vor der ärztlichen Kunst; eine ehrenhafte Lebensführung des Arztes.
Weggelassen wurden die feierliche Anrufung der Heilsgötter; das dezidierte Verbot jedweder Sterbehilfe oder Abtreibung; das operative Entfernen von Blasensteinen (das Fachleuten überlassen bleiben soll); eine Sanktionierung bei Bruch des Eides.
Feierliche Versprechungen
Die neue Fassung spricht nicht mehr von einer „Kunst“, sondern von einem ärztlichen „Beruf“. Betont werden erstmals die Würde und Autonomie des Patienten/der Patientin. Der Kranke ist nicht mehr einem „Halbgott“ ausgeliefert, sondern kann auch Behandlungen ablehnen bzw. der Arzt hat sich an die Wünsche des Patienten, z. B. an eine Patientenverfügung, zu halten. Abgesehen von der Gesundheit hat der Arzt auch das Wohlbefinden (Stichwort: „Lebensqualität“) des Patienten zu berücksichtigen; der Arzt soll zum Fortschritt in der Medizin und zur Entwicklung des Gesundheitswesens beitragen. Der Arzt muss auf seine eigene Gesundheit, sein Wohlbefinden und seine medizinischen Kenntnisse auf höchstem Niveau achten, um dem Patienten die beste Therapie angedeihen zu lassen. Die Menschen- und Bürgerrechte darf er auch unter Druck nicht übertreten. Diese Versprechungen (nicht: „Eid“) gelobt er feierlich, freiwillig und bei seiner Ehre. Das neue Gelöbnis stellt somit weiterhin hohe ethische Ansprüche an die Person und den Beruf des Arztes.
Gleichgewicht der vier Säfte
Vor Hippokrates wurde die Heilkunde von Asklepios-Priestern ausgeübt. Zumeist vermutete man eine übernatürliche Macht als Ursache für Krankheiten (z. B. Strafe der Götter für ein Fehlverhalten). Durch Opfergaben sollte der Kranke die Götter wieder gnädig stimmen und auf diese Weise seine Heilung erwirken.
Zurzeit von Hippokrates war für die Ausübung der Heilkunde kein Studium mit Prüfungen erforderlich. Die Schüler wurden von einem Lehrer angeleitet, der sich zur Ausbildung verpflichtet hatte. Das Wissen in Anatomie und Physiologie war bescheiden. Das ärztliche Verständnis der Krankheiten beruhte auf einer genauen Beobachtung des Patienten, seiner Symptome, seiner Ernährung, der Umgebung (Klima) und der Annahme eines Missverhältnisses der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle). Mit seinen Bemühungen versuchte der Arzt, das natürliche Gleichgewicht der Säfte wieder herzustellen. Als Mindestanforderung wurde das Gebot „Nützen und zumindest nicht schaden“ erhoben. Am Ende seiner Ausbildung durfte der Schüler auf eigene Verantwortung seine Kunst ausüben. Eine Kontrolle ergab sich lediglich durch die (laienhafte) Bewertung seiner Erfolge bei Patienten und durch die Kollegenschaft. Dies führte gelegentlich zu Konkurrenzsituationen, anfangs besonders mit der Priesterschaft. Auch gab es keine Versicherungen oder festgesetzten Honorare. Der Arzt und seine Familie hatten ihren Lebensunterhalt von den freiwilligen Zuwendungen der Patienten zu bestreiten.
Bleibende Aktualität
Eine deutsche Übersetzung der neuen Fassung des hippokratischen Eides liegt zwar vor, doch wird nicht damit gerechnet, dass das neue Gelöbnis in Kürze von den deutschen Universitäten oder den Ärztekammern aufgenommen wird. Dazu bedarf es noch der Zustimmung der jeweiligen Gremien. Gerade in unserer Zeit – wo die Grenzen zwischen medizinisch Machbarem und ethisch Vertretbarem immer verschwommener erscheinen – sind aber einfache, klare Richtlinien für ärztliches Handeln von höchster Bedeutung. Ist es nicht erstaunlich, dass ein 2.400 Jahre alter Text nichts an Aktualität verloren hat?
Der neue Text des Hippokrates-Eides, wie er vom Weltärztebund im Oktober 2017 beschlossen wurde:
Das ärztliche Gelöbnis
Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.
Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.
Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren.
Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.
Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten.
Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus wahren.
Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben.
Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern.
Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen.
Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen.
Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.
Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.
Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre.
Fragen an Doz. Beck-Mannagetta:
GZ: Warum wurde eine Anpassung nötig?
BECK-MANNAGETTA: Die vorliegende, komplette Neufassung wurde vorgenommen, weil die vorhergehenden Adaptierungen des „Genfer Gelöbnisses“ von 1948, sowie danach, 1968, 1983, 1994, 2005 und 2006, der Würde und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu wenig entsprochen haben und auch die Lebensqualität nicht ausreichend betont wurde.
GZ: Ist die neue Übersetzung des Eides eine Empfehlung, die von den deutschsprachigen Unis innerhalb einer gewissen Zeit übernommen werden muss?
BECK-MANNAGETTA: Es handelt sich nur um eine Empfehlung. Sie ist aber als Anregung gedacht, um die derzeitigen Gepflogenheiten an den Unis zu modernisieren.
GZ: Wann setzte sich der Hippokrates-Eid endgültig durch? Seit wann wird er von den Ärzten offiziell geleistet?
BECK-MANNAGETTA: Der „Eid des Hippokrates“ hat sich wahrscheinlich nie voll durchgesetzt. Er wurde zumeist nur als „Richtschnur“ ärztlichen Handelns betrachtet, aber nicht verlangt. Jede Universität hatte auf dieser Basis ihren eigenen Eid, der geleistet werden musste. Der vollständige Eid wurde sicher spätestens mit dem Siegeszug des Christentums nicht mehr geleistet, weil sich die Anrufung der Götter oder eine Bestrafung bei Nichtbefolgung erübrigte. Von einer Strafe ist ja auch jetzt nicht mehr die Rede.
Aus "Griechenland Zeitung" 626 vom 9.5.2018, Seite 9
Von Univ.Doz. Dr. Johann Beck-Mannagetta
Der „hippokratische Eid“ verpflichtete die Ärzte – unter Anrufung der Heilsgötter –, ihren Patienten zu helfen, ohne Ansehen der Person und frei von moralischen Wertvorstellungen. Ein Eidbruch sollte von den Göttern bestraft werden. Das überlieferte Dokument dürfte aber nicht ausschließlich auf Hippokrates zurückgehen, sondern zahlreiche Änderungen im Laufe der Jahrhunderte erlebt haben.
Allerdings wurde dieser Schwur nur selten tatsächlich von den Medizinern verlangt; meist wurden ähnliche Texte anlässlich der Promotion gelobt. Seit 1948 („Genfer Gelöbnis“) wurde der Eid mehrfach überarbeitet, um ihn den modernen Gegebenheiten anzupassen, zuletzt im Oktober 2017 durch den Weltärztebund in Chicago (www.wma.net).
Achtung vor ärztlicher Kunst
In dem nun vorliegenden Dokument verpflichtet sich der Arzt in zwölf Artikeln, den speziellen Erwartungen an seinen Beruf gerecht zu werden. Im Gegensatz zum ursprünglichen Text klingt das Gelöbnis eher allgemein und weniger konkret. Dem antiken Wortlaut haftet mehr Erhabenes und Exklusives an, z. B. dass das medizinische Wissen nur unter Ärzten bleiben soll und nicht an Laien weiter gegeben werden darf. Wenn auch das neue Dokument den heutigen Bedingungen der ärztlichen Berufsausübung besser entspricht, so stimmt die Kernaussage weitgehend mit dem Sinn des überlieferten griechischen Textes überein.
Die meisten Inhalte sind gleichgeblieben: Die gewissenhafte Ausübung des Berufs; Respekt und Dankbarkeit gegenüber Lehrern, Kollegen und Studenten; der Dienst am Menschen und der Schutz des menschlichen Lebens ohne Ansehen der Person; die Bewahrung des Patienten vor Schaden und Unrecht; die absolute Verschwiegenheit über die persönlichen Verhältnisse des Patienten; die Achtung vor der ärztlichen Kunst; eine ehrenhafte Lebensführung des Arztes.
Weggelassen wurden die feierliche Anrufung der Heilsgötter; das dezidierte Verbot jedweder Sterbehilfe oder Abtreibung; das operative Entfernen von Blasensteinen (das Fachleuten überlassen bleiben soll); eine Sanktionierung bei Bruch des Eides.
Feierliche Versprechungen
Die neue Fassung spricht nicht mehr von einer „Kunst“, sondern von einem ärztlichen „Beruf“. Betont werden erstmals die Würde und Autonomie des Patienten/der Patientin. Der Kranke ist nicht mehr einem „Halbgott“ ausgeliefert, sondern kann auch Behandlungen ablehnen bzw. der Arzt hat sich an die Wünsche des Patienten, z. B. an eine Patientenverfügung, zu halten. Abgesehen von der Gesundheit hat der Arzt auch das Wohlbefinden (Stichwort: „Lebensqualität“) des Patienten zu berücksichtigen; der Arzt soll zum Fortschritt in der Medizin und zur Entwicklung des Gesundheitswesens beitragen. Der Arzt muss auf seine eigene Gesundheit, sein Wohlbefinden und seine medizinischen Kenntnisse auf höchstem Niveau achten, um dem Patienten die beste Therapie angedeihen zu lassen. Die Menschen- und Bürgerrechte darf er auch unter Druck nicht übertreten. Diese Versprechungen (nicht: „Eid“) gelobt er feierlich, freiwillig und bei seiner Ehre. Das neue Gelöbnis stellt somit weiterhin hohe ethische Ansprüche an die Person und den Beruf des Arztes.
Gleichgewicht der vier Säfte
Vor Hippokrates wurde die Heilkunde von Asklepios-Priestern ausgeübt. Zumeist vermutete man eine übernatürliche Macht als Ursache für Krankheiten (z. B. Strafe der Götter für ein Fehlverhalten). Durch Opfergaben sollte der Kranke die Götter wieder gnädig stimmen und auf diese Weise seine Heilung erwirken.
Zurzeit von Hippokrates war für die Ausübung der Heilkunde kein Studium mit Prüfungen erforderlich. Die Schüler wurden von einem Lehrer angeleitet, der sich zur Ausbildung verpflichtet hatte. Das Wissen in Anatomie und Physiologie war bescheiden. Das ärztliche Verständnis der Krankheiten beruhte auf einer genauen Beobachtung des Patienten, seiner Symptome, seiner Ernährung, der Umgebung (Klima) und der Annahme eines Missverhältnisses der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle). Mit seinen Bemühungen versuchte der Arzt, das natürliche Gleichgewicht der Säfte wieder herzustellen. Als Mindestanforderung wurde das Gebot „Nützen und zumindest nicht schaden“ erhoben. Am Ende seiner Ausbildung durfte der Schüler auf eigene Verantwortung seine Kunst ausüben. Eine Kontrolle ergab sich lediglich durch die (laienhafte) Bewertung seiner Erfolge bei Patienten und durch die Kollegenschaft. Dies führte gelegentlich zu Konkurrenzsituationen, anfangs besonders mit der Priesterschaft. Auch gab es keine Versicherungen oder festgesetzten Honorare. Der Arzt und seine Familie hatten ihren Lebensunterhalt von den freiwilligen Zuwendungen der Patienten zu bestreiten.
Bleibende Aktualität
Eine deutsche Übersetzung der neuen Fassung des hippokratischen Eides liegt zwar vor, doch wird nicht damit gerechnet, dass das neue Gelöbnis in Kürze von den deutschen Universitäten oder den Ärztekammern aufgenommen wird. Dazu bedarf es noch der Zustimmung der jeweiligen Gremien. Gerade in unserer Zeit – wo die Grenzen zwischen medizinisch Machbarem und ethisch Vertretbarem immer verschwommener erscheinen – sind aber einfache, klare Richtlinien für ärztliches Handeln von höchster Bedeutung. Ist es nicht erstaunlich, dass ein 2.400 Jahre alter Text nichts an Aktualität verloren hat?
Der neue Text des Hippokrates-Eides, wie er vom Weltärztebund im Oktober 2017 beschlossen wurde:
Das ärztliche Gelöbnis
Als Mitglied der ärztlichen Profession gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.
Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.
Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren.
Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.
Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten.
Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus wahren.
Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben.
Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern.
Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen.
Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen.
Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.
Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.
Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre.
Fragen an Doz. Beck-Mannagetta:
GZ: Warum wurde eine Anpassung nötig?
BECK-MANNAGETTA: Die vorliegende, komplette Neufassung wurde vorgenommen, weil die vorhergehenden Adaptierungen des „Genfer Gelöbnisses“ von 1948, sowie danach, 1968, 1983, 1994, 2005 und 2006, der Würde und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu wenig entsprochen haben und auch die Lebensqualität nicht ausreichend betont wurde.
GZ: Ist die neue Übersetzung des Eides eine Empfehlung, die von den deutschsprachigen Unis innerhalb einer gewissen Zeit übernommen werden muss?
BECK-MANNAGETTA: Es handelt sich nur um eine Empfehlung. Sie ist aber als Anregung gedacht, um die derzeitigen Gepflogenheiten an den Unis zu modernisieren.
GZ: Wann setzte sich der Hippokrates-Eid endgültig durch? Seit wann wird er von den Ärzten offiziell geleistet?
BECK-MANNAGETTA: Der „Eid des Hippokrates“ hat sich wahrscheinlich nie voll durchgesetzt. Er wurde zumeist nur als „Richtschnur“ ärztlichen Handelns betrachtet, aber nicht verlangt. Jede Universität hatte auf dieser Basis ihren eigenen Eid, der geleistet werden musste. Der vollständige Eid wurde sicher spätestens mit dem Siegeszug des Christentums nicht mehr geleistet, weil sich die Anrufung der Götter oder eine Bestrafung bei Nichtbefolgung erübrigte. Von einer Strafe ist ja auch jetzt nicht mehr die Rede.
Aus "Griechenland Zeitung" 626 vom 9.5.2018, Seite 9